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Emigration SU
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Stand Oktober 2020

 

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Wichtiger Hinweis:

Seit einiger Zeit sind alle Inhalte dieser website, die die Emigration in die Sowjetunion betreffen, einschließlich der Remigration, auf der Seite der Bundesstiftung Aufarbeitung , Berlin, unter diesem link zu finden:

 

https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/dossiers/deutsche-emigranten-im-sowjetischen-exil

Alle diese Inhalte werden auf dieser website nicht mehr weitergepflegt. Sie werden demnächst hier gelöscht und sind dann nur noch unter dem obigen link zu finden.

 

Den Besuchern dieser website sei für Interesse gedankt. Soweit sie Hinweise zu den an die Bundestiftung übergebenen Inhalten der website geben können, werden sie gebeten, diese künftig an die Bundesstiftung Aufarbeitung zu richten.

 

Der Bundesstiftung Aufarbeitung sei dafür gedankt, dass sie die Daten übernimmt und weiter pflegt.

 

 

Wilhelm Mensing

Bonn im Oktober 2020

 

 

NKWD (Narodnyj komissariat wnutrennych del = Volkskommissariat für Inneres) und Gestapo (Geheime Staatspolizei) müssen geschichtlich interessierten Mitteleuropäern nicht vorgestellt werden.

Zwischen NKWD und Gestapo, bisweilen auch zunächst in umgekehrter Richtung: vor der Gestapo flüchtend in die Sowjetunion, bewegten sich (oder wurden zwangsweise bewegt) zwischen 1933 und 1941 zahlreiche Arbeitsemigranten und Politemigranten aus Deutschland (und aus anderen europäischen und asiatischen Ländern).
Spezialisten, auch einfache Berg- oder Bauarbeiter, Kommunisten, Unpolitische, auch Deutschnationale, fuhren der Arbeitslosigkeit in Deutschland weg, dem industriellen Aufbau in der Sowjetunion (2. Fünfjahrplan) entgegen.

Kommunisten, meist mit Zustimmung und Unterstützung ihrer Partei, suchten durch die Emigration in die SU nationalsozialistischer Verfolgung zu entkommen. Arbeitsemigranten, die nicht rechtzeitig zurückgekehrt waren, Politemigranten allemal, wurden vor allem ab Mitte der 30er Jahre Opfer von Parteisäuberung und NKWD-Terror. Ohne Rücksicht auf ihre politische Einstellung wurden Unpolitische, Kommunisten, sogar Juden von den sowjetischen Behörden ausgewiesen, nach dem Hitler/Stalin-Pakt und der Besetzung Polens durch Deutschland und die Sowjetunion unmittelbar vom NKWD an die Polizei des NS-Regimes ausgeliefert.

 

Von der Ruhr in den GULag

2001 veröffentlichte Wilhelm Mensing seine umfangreiche Untersuchung "Von der Ruhr in den GULag" über die Opfer des Stalinschen Massenterrors aus dem Ruhrgebiet. Sie zielte vor allem darauf, diesen, fast allesamt vergessenen Gewaltopfern mit einer biographisch orientierten Untersuchung, die weit über 200 Personen erfaßte, ein Denkmal zu setzen.
Das vom Klartext Verlag, Essen, herausgegebene Buch ist vergriffen; Restexemplare beim Autor (siehe Info) zum Preise von 5 € zzgl. Versandkosten.


Die Quellen zu den Biographien in dieser Untersuchung, die aus Ersparnisgründen nicht abgedruckt werden konnten, sind, nachträglich ergänzt und erweitert, hier auf diesen Seiten zu finden (siehe Quellen GULag-Buch).
Überdies werden hier nachträglich bekannt gewordene Opfer des Stalinschen Massenterrors aus dem Ruhrgebiet (siehe Weitere Repressierte) ebenso vorgestellt wie Quellenhinweise, die der Autor erst nach Erscheinen seiner Untersuchung aufgefunden oder (vor allem aus der Russischen Föderation) erhalten hat. Das gilt entsprechend für nachträglich mitgeteilte Rehabilitierungen, von denen seit Juni 2002 auch einige aus der Ukraine kamen (siehe z.B. bei H. und W. Herzig, Kratzke, Kresal, Machmüller).

 

 

 

Deutsche Emigranten in der Sowjetunion - Repressierte

 

Die Sowjetunion hat in den Zeiten der Weimarer Republik und des NS-Regimes neben zahlreichen Emigranten aus etlichen europäischen und asiatischen Ländern auch weit über 1000 deutsche politische Emigranten ausfgenommen. Bei der Komintern wurde eine Liste dieser Emigranten geführt (die allerdings offenbar nicht ganz vollständig ist). Eine ins Deutsche übertragene, alphabetisierte  Form dieser Liste, ergänzt durch die mangels Reproduzierbarkeit von Hand eingegebenen russischen Daten,  wird hier  veröffentlicht.

Diese Liste scheint bisher nicht veröffentlicht zu sein. Sie liefert einen einzigartigen Überblick über die deutsche (kommunistische) Emigration in die Sowjetunion von Erich Wollenberg bis Wilhelm Zaisser.

Nach einer reproduzierbaren russischen Original-Liste wird weiter gesucht; das der jetzigen Veröffentlichung zugrunde liegende Exemplar ist dazu technisch ungeeignet. Im RGASPI, Moskau, ist  der einschlägige Bestand gesperrt.

 

Seit 1936 war die Kommunistische Internationale (Komintern) bestrebt, die Zahl der in die Sowjetunion Emigrierten zu verringern. Dazu diente u.a. die Aufstellung einer Liste von über 800 ganz überwiegend deutschen Emigranten, die für eine Remigration vorgesehen waren (Liste =B= nach draussen). Auf der Seite "UdSSR-Emigranten" ist diese Liste mit zahlreichen biographischen Anmerkungen, vor allem mit Fundstellen aus der einschlägigen Fachliteratur, wohl erstmals vollständig öffentlich zugänglich gemacht.

 

Alexander Vatlin, Moskau, hat 2013 eine Liste von über 700 Repressionsopfern aus Moskau und dem Moskauer Gebiet veröffentlicht. Eine überarbeitete und mit Verweisungen auf andere Quellen ausgeweitete Fassung dieser Liste ist mit Zustimmung von A. Vatlin auf dieser Internetseite zu sehen (Seite A. Vatlin Opferliste).

 
Die Ausweisung von Emigranten in der Zeit zwischen dem Abschluß des Hitler/Stalin-Pakts (August 1939) bis zum deutschen Angriff auf die Sowjetunion (Juni 1941) ist zwar auf vielfache Weise wissenschaftlich bearbeitet worden. Allerdings ist bisher keine - Vollständigkeit anstrebende - Liste der mit dem Ziel Deutschland ausgewiesenen, ausgelieferten und der mehrere 100 in dieser Zeit (relativ) frei ausgereisten Personen,zu denen über 100 aus der Sowjetbürgerschaft entlassene Ehefrauen deutscher (Wirtschafts-)Emigranten gehörten, bekannt.

Eine solche (vor allem hinsichtlich der frei Ausgereisten noch nicht vollständige) Liste findet sich nun auf dieser Seite. Auf die Erläuterungen dazu wird verwiesen.

 

Über die Umstände der Ausweisung von Emigranten (siehe dazu unten den Abschnitt "Auslieferung 1939/41") in der Zeit zwischen dem Abschluß des Hitler/Stalin-Pakts (August 1939) bis zum Angriff auf die Sowjetunion (Juni 1941) hat es seit Jahrzehnten immer wieder spekulative Darstellungen gegeben, die darauf hinausliefen, daß Stalin seinem Partner Hitler diesem verhasste Kommunisten "zum Fraße vorgeworfen" habe. Diesen Spekulationen ist der Autor dieser Seite nachgegangen. In seinem Beitrag "Eine 'Morgengabe' Stalins an den Paktfreund Hitler? Die Auslieferung deutscher Emigranten an das NS-Regime nach Abschluß des Hitler-Stalin-Pakts - eine zwischen den Diktatoren arrangierte Preisgabe von 'Antifaschisten'?" in der Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat Ausgabe Nr. 20/2006, S. 57-84, ist er zu dem  Ergebnis gekommen, daß die Spekulationen keine historische Grundlage haben. Da desungeachtet in der Literatur weiterhin vielfach von der vor allem auf Margarete Buber-Neumann zurückgehenden Legende  ausgegangen wird, veröffentlichte der Autor eine wesentlich erweiterte und ergänzte Darstellung dieses Gegenstandes im 23. Jahrgang 2011 von "Jahrbuch Extremismus & Demokratie",  um zur historischen Klärung beizutragen.

 

Zwei junge kommunistische Schriftsteller - erschossen, verbannt

Willi Harzheim(Bild: Willi Harzheim)

 

Gleichzeitig mit der Untersuchung über die aus dem Ruhrgebiet gekommenen Opfer des Stalin-Terrors erschien im gleichen Verlag, herausgegeben von Wilhelm Mensing, die schmale literarische Hinterlassenschaft eines dieser Opfer: des 1904 in (Gelsenkirchen-)Horst geborenen Arbeiterschriftstellers Willi Harzheim, der Ende 1937 in Prokopjewsk/Westsibirien erschossen wurde: „Willi Harzheim 1904 - 1937  Arbeiterschriftsteller aus Horst“.

Das Bändchen ist beim Klartext Verlag, Essen,  noch lieferbar.

 

 

 

Helmut Weiss-Wendt(Bild: Helmut Weiss-Wendt 1957, nach dem Ende seiner Haft- und Verban-nungszeit in Karaganda)

Eine biographische Skizze des aus seiner Heimatstadt Dresden 1934 in die Sowjetunion emigrierten jungen Schriftstellers Helmut Weiß (* 1913) ist in der Zeitschrift EXIL 2/2003 erschienen. Der einer jüdischen Familie entstammende Weiß wurde als Jugendlicher wegen seines Engagements im KJVD vom König-Georg-Gymnasium verwiesen. Er schrieb unter dem  Pseudonym Hans Wendt (Bremen) Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften und schlug sich als Klavierlehrer durch. Nach seiner Emigration erschien 1937 in Kiew von ihm eine Erzählungssammlung „Heer im Dunkeln“ (Geschichten aus Nazi-Deutschland). Daß er dort einen Kommunisten, der nach physischer und psychischer Gestapofolter andere verraten hatte, als „Opfer“ bezeichnete, statt ihn Verräter zu nennen, trug ihm eine Anzeige, u.a. in Form einer Rezension von "Funk" = Herbert Wehner in der Deutschen Zentral Zeitung, ein. Nach 10 Jahren im KarLag und anschliessender „ewiger Verbannung“ in Karaganda/Kasachstan kam Weiss-Wendt, wie ihn die Sowjets benannt hatten, 1957 nach Estland. Dort arbeitete er als Musikpädagoge. Zwischen 1960 und 1990 konnte er zwar eine Reihe von Besuchen in der DDR machen. Gelegenheit zu schriftstellerischer Arbeit fand er nicht wieder. Nach Deutschland mochte er nicht wieder zurückkommen. Nur einige seiner Gedichte aus den 30er Jahren wurden dort in Anthologien veröffentlicht. Er starb im Jahre 2000 in Narwa.- Mittlerweile hat sein Enkel Anton Weiss-Wendt

(http://www.hlsenteret.no/om/medarbeidere/forskning/anton-weiss-wendt/)

sein Schicksal und die Hintergründe seiner Repression weiter aufgearbeitet (GULAG  Det farfar ikke fortalte - GULAG What Grandfather didn't tell, Oslo 2016).

 

 Russlandrückkehrer

Zu einer wichtigen Quellensammlung, die der Autor verwendete, den Protokollen der Rußlandrückkehrer im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts ist von ihm ein Beitrag im "JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung" 2003/III erschienen. Die Erschließung dieser einzigartigen Quellensamm- lung (sonst finden sich fast nur noch im Landesarchiv NW in Düsseldorf in den dortigen Gestapo-Akten vereinzelte solcher Protokolle), zu der es bisher nur ein nicht absolut vollständiges  (und nichts stets getreu) alphabetisches Verzeichnis mit Angabe des Geburtsjahres gibt, beschäftigt den Autor weiterhin. Er ist  mit der Durchsicht des vollständigen Konvoluts befasst, um auch bisher übersehene - das sind nicht ganz wenige - oder nicht mehr vorhandene Protokolle sowie wesentliche Daten der Vernommenen zu erfassen. Verbunden mit der Durchsicht ist das Bemühen, durch Überprüfung der von Rückkehrern angegebenen Namen von in der Sowjetunion ihnen begegneten Personen, auch bisher in Deutschland nicht bekannte (und in etlichen Fällen auch in den Verzeichnissen von "Memorial" nicht erwähnte) Repressionsopfer zu erfassen oder zu solchen, die namentlich bekannt sind, zusätzliche Daten zu gewinnen.

Als Nebeneffekt der Bearbeitung ergibt sich ein Einblick in den technischen Wissenstransfer aus Deutschland in die Sowjetunion in den 1920er und den frühen 1930er Jahren. Unter den vernommenen Rückkehrern waren allein ca 150 Ingenieure. Dazu kommen eine beträchtliche Anzahl von Technikern, Konstrukteuren und Architekten. Aus der Nennung von Namen in den Vernehmungsprotokollen ergibt sich überdies, dass eine erhebliche Anzahl weiterer zurückgekehrter Ingenieure von der Gestapo nicht erreicht wurde. Das ergibt in der Summe ein großes Potential an technischem Sachverstand, der aus Deutschland in die Sowjetunion geraten ist. Allerdings zeigen die Vernehmungen auch, dass dieser Sachverstand nicht annähernd ausgeschöpft worden ist. Einerseits, weil die industriellen Voraussetzungen (z.B. Maschinenpark, Grubenausstattung, Hilfspersonal) fehlten, andererseits, weil oft die den deutschen Ingenieuren vorgesetzten politischen Funktionäre deren Arbeiten aus unterschiedlichen Motiven massiv behinderten.

Es darf  nicht übersehen werden, dass der Wissenstransfer und der ökonomische Nutzen der zeitweiligen deutschen Ingenieurs-Arbeit in der SU auch beträchtlichen Nutzen für die deutsche Industrie gehabt hat. Das sowohl durch die mittelbare Förderung deutscher Exporte in die SU als z.B. auch durch mitgebrachte Erfahrungen über Produktionen mit einfacheren als den in Deutschland gewohnten Hilfsmitteln, die dann vor allem der späteren Kriegswirtschaft von Nutzen waren.

 

Bei der Bearbeitung hat sich u.a. ergeben, dass die SU mindestens um die 30 Personen ausgewiesen hat, die Juden oder - in der NS-Terminologie - Halbjuden oder "jüdisch versippt" waren, darunter drei Ärzte, die nach Verlust ihrer Anstellung oder ihrer Praxis mit Hilfe von AgroJoint in die SU gelangt waren; etliche von ihnen, die nach September 1939 ausgeliefert wurden, hinderten die deutschen Behörden an der Einreise nach Deutschland  und hielten sie (zunächst) im besetzten Polen fest. Nur von wenigen ist bekannt, dass sie die NS-Zeit überlebt haben.

Die Erschließung ist  bis zum Buchstaben St  vorangekommen; sie steht im PA AA zur Verfügung.

Das PA AA hat die Prokolle inzwischen digitalisiert, so dass nicht mehr auf die zum Teil sehr gefährdeten Originale zurückgegriffen werden muss. Mit der Digitalisierung ist eine neue Signatur verbunden (R 100100ff).

Den (etlichen 1000) Russlanddeutschen unter den Rückkehrern, die die Sowjetunion auch deshalb verlassen mussten, weil sie an ihrer deutschen Staatsangehörigkeit festhielten, hat der Autor eine Veröffentlichung im Jahrbuch für historische Kommunismusforschung 2015 unter dem Titel "Sowjetbürger werden oder packen  - Stalin und der Exodus der Russlanddeutschen im Spiegel der Akten des Auswärtigen Amts" gewidmet (JhK 2015 S. 217-236).

 

 Remigration der Politemigranten seit 1945


Mit der Entsendung der Gruppen Ulbricht, Ackermann und Sobottka begann sogar noch vor dem Kriegsende die Rücksendung und Rückkehr der deutschen Politemigranten aus der Sowjetunion.

Diese Remigration zog sich über sehr viele Jahre hin. Nachdem die für den Aufbau der Partei und der Verwaltungen benötigten kommunistischen Kader wieder in Deutschland waren, hatten es weder die sowjetische noch die deutsche kommunistische Partei besonders eilig, die nach der Repression unter Stalin noch in der Sowjetunion lebenden Emigranten zurückzuholen oder zu schicken. Vor allem diejenigen, die Lagerstrafen und Verbannung erlitten hatten oder noch erlitten, waren mindestens bis zum Tode Stalins, aus Ulbrichts Sicht auch danach, gebrandmarkt; die SED mochte sie nicht im Lande und in ihren Reihen haben. Viele erwarteten nach Jahrzehnten des Aufenthalts in der Sowjetunion sehnlich die Rückkehr nach Deutschland. Die Parteien ließen viele sogar bis in die 1960er Jahre, einzelne gar darüber hinaus auf die Rückkehr warten.

Eine einigermaßen vollständige Auflistung der Remigrierten stand bisher nicht zur Verfügung. Angaben mussten aufwendig aus etlichen verschiedenen deutschen und sowjetischen/russischen Quellen zusammengesucht werden.

Hier wird nun erstmals eine solche Liste öffentlich bereitgestellt. Die Liste mit über 1.200 Personen dürfte trotz regelmäßiger Nacharbeit immer noch nicht absolut vollständig und gewiss auch nicht  fehlerfrei sein.

Ihre öffentliche Bereitstellung soll auch dazu dienen, Vervollständigungen und Korrekturen herbeizuführen.

Die Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat (ZdF) hat in der Ausgabe 38/2015 einen umfangreichen Beitrag des Autors über den Verlauf der Remigration veröffentlicht.

Die Auswirkungen der Adenauer-Reise 1955 auf die Remigration, die u.a. Leo Bauer, dem bekannten SPD- und KPD-Politiker und späteren Berater Willy Brandts und dem früheren KPD-Bundestagsabgeordneten Kurt Müller zur Heimkehr aus der Lagerhaft verholfen hat, sind vom Autor in einem Beitrag in ZdF Nr. 44/2019 dargestellt.-

Die Arbeit  an einzelnen Remigranten-Biographien galt auch zwei Schauspielerinnen, Ida und Gertrud von Bastineller (Mutter und Tochter), die für den sowjetischen militärischen Nachrichtendienst tätig waren, emigrieren mussten und erst 1954 in die DDR zurückkehren durften; diese Doppel-Biographie ist in EXIL Nr. 2/2017 veröffentlicht worden.

 

 

Vertrauensleute der Geheimen Staatspolizei

Mit einer regionalen Untersuchung (vor allem Nordrhein-Westfalen, Stapoleitstelle Düsseldorf) über "Von der Gestapo in Dienst genommene V-Leute kommunistischer Herkunft" näherte sich der Autor dem anderen Pol der düsteren Paarung "NKWD und Gestapo".

Eine umfangreiche Aktenrecherche ergab, daß noch mindestens um die 100 V-Leute nachzuweisen sind, die der KPD, deren Nebenorganisationen oder ihrem Umfeld angehört hatten, bevor die Gestapo im Bereich ihrer Leitstelle Düsseldorf sie in Dienst genommen hat.  60.000 Gestapo-Akten im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (ehemals Düsseldorfer Hauptstaatsarchiv) dienten als wichtigste Quelle. Karteien oder Sachakten des Nachrichtenreferats der Gestapoleitstelle Düsseldorf sind nicht erhalten.

Weiteres Material lieferten die Z-Bestände des Bundesarchivs, NS-Akten, die bis 1990 im Besitz des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR gewesen waren. Die Auswertung dieser Akten durch das MfS stellt sich als systematische Kategorisierung von der Gestapo erfaßter Kommunisten als Verräter, Spitzel, Agenten, V-Leute dar; in Einzelfällen gibt es auch operative Vorgänge zu ehemaligen kommunistischen V-Leuten der Gestapo. Insgesamt lieferten die Bestände eine Vielzahl von weiterführenden Hinweisen.

Zwar enthält die reiche Literatur über den kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime viele allgemeine Hinweise auf den Einsatz von Spitzeln. Sie gibt auch Veranlassung anzunehmen, daß die tatsächliche Zahl geheimer Mitarbeiter der Gestapo mit kommunistischer Herkunft - freiwillige und gepreßte, kurzzeitige und langjährige - nicht unerheblich höher gelegen hat, als sich das jetzt aus den Gestapo-Akten nachvollziehen läßt. Es gibt aber in der zeitgeschichtlichen Literatur, nicht nur in dem auf Heldenverehrung orientierten parteilichen Schrifttum vor allem aus der DDR, eine auffallende Zurückhaltung bei der Darstellung konkreter Beispiele, der biographischen Karrieren Betroffener, schon gar unter Nennung von Namen, und sei es solcher, die seit vielen Jahrzehnten tot sind. Eine systematische Aufarbeitung des gesamten Komplexes fehlte bisher.  Hans Schafranek (Wien) hat nun eine solche mit dem Schwerpunkt auf Österreich geliefert: "Widerstand und Verrat  Gestapospitzel iam antifeschistischen Untergrund 1938-1945", Wien 2017.

 

Angehörige der Britischen Besatzungsarmee haben sich nach dem 2. Weltkrieg als erste systematisch mit den Düsseldorfer Gestapo-Akten beschäftigt, besonders mit solchen, die Hinweise auf V-Leute lieferten. Handschriftliche Notizen in den Akten, auch über eingehende Gespräche mit Betroffenen, und Bruchstücke von Korrespondenz belegen das. Über Ziel und Ergebnis dieser Aktensichtung und Überprüfung einzelner Personen läßt sich bisher fast nur spekulieren. Keine Publikation ist bekannt, die Auskunft darüber geben würde. Bis heute unbekannt ist ein „im Besitze der Engländer befindlicher Katalog“, der das Arbeitsergebnis der in Düsseldorf tätig gewesenen Nachrichtendienst-Offiziere gewesen sein soll.

Eventuell weiterführende Hinweise sind willkommen.

Teilergebnisse der Untersuchung über die V-Leute kommunistischer Herkunft sind in dem Band von Simone Barck und Ulla Plener, "Verrat   Die Arbeiterbewegung zwischen Trauma und Trauer"  vorgestellt. Ein umfangreicher Beitrag erschien im Mitteilungsblatt des Instituts für soziale Bewegungen (Bochum) in 34/2005. Weitere Teilergebnisse finden sich im Jahrbuch für historische Kommunismusforschung 2004 unter dem Titel "Vertrauensleute kommunistischer Herkunft bei Gestapo und NS-Nachrichtendiensten am Beispiel von Rhein und Ruhr". Eine Veröffentlichung mit dem Schwerpunkt auf dem Umgang mit den V-Leuten in der Nachkriegszeit ist in der Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat (ZdF) Ausgabe Nr. 17/2005 unter dem Titel "Bekämpft, gesucht, benutzt. Zur Geschichte der Gestapo-V-Leute und 'Gestapo-Agenten'" abgedruckt.

Die österreichische Zeitschrift "zeitgeschichte" hat in einem von Hans Schafranek redigierten Themenheft "Gestapo-Spitzel" (40 Jahrgang Heft 6, November/Dezember 2013) einen Beitrag des Autors zu einem besonderen Nachrichtendienstler veröffentlicht: "Alfred S.: eine Nachrichtendienstkarriere zwischen KPD, Gestapo und Staatssicherheit".

 

HStA RW 58 19865 Bl.65

 


(Bild: LA Düsseldorf RW 58 19865 Bl.65)

 

 

 

Geheime Wege zwischen Ost und West - Der Grenzapparat der SED

Zwischen Ost und West - wenn auch nur innerhalb Deutschlands - bewegten sich auch die Kommunisten, die im Auftrag der SED/KPD-Zentrale in Berlin als Mitarbeiter des Grenzapparates von Richard Stahlmann tätig wurden. Seine Kuriere besorgten schon bald nach dem 2. Weltkrieg geheime Sendungen - Anweisungen, Informationen, Propagandamaterial - zwischen Ost und West, zwischen der Berliner Parteizentrale und den KPD-Landesleitungen, später dem Dreizonenvorstand im Westen. Sie schleusten Funktionäre illegal über die Zonengrenze, die in Berlin Bericht erstatten und Instruktionen entgegennehmen oder geschult werden, im Westen Aufträge erledigen sollten, von denen die westlichen Alliierten möglichst gar nichts oder allenfalls im nachhinein erfahren sollten. Auch der damalige FDJ-Vorsitzende Erich Honecker ließ sich bei Nacht und Nebel auf solche Weise Ende der 40er Jahre bei Walkenried heimlich in den Westen geleiten.
Mitarbeiter dieses Dienstes waren vielfach, auch in NS-Haft, bewährte Kommunisten wie etwa Peter Gingold, Camillo Scariot aus Essen/Ruhr oder der Spanienkämpfer Fred Schofs.
Die militärischen Nachrichtendienste der Westalliierten waren wohl recht gut informiert über diesen Kurier- und Schleuserdienst. Aus amerikanischen Quellen gibt es einen umfangreichen Bericht darüber. Aber auch das MfS hat sich mit Mitarbeitern dieses Dienstes befaßt, sie überprüft, sie auch für andere Aufgaben in Dienst genommen.
In Nr. 18/2005 der Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat ist unter dem Titel "Zwischen Ost und West - Kuriere und Schleuser im Dienst von KPD und SED" ein Bericht über diese Dienste erschienen. Später erschien vom Autor der Beitrag: Illegaler Grenzverkehr SED/KPD/DKP zwischen KPD-Verbot und den 70er-Jahren, Deutschland Archiv 41 (2008) 4, S. 664-672, aus der Arbeit der Abteilung Verkehr des ZK der SED. 

Unter dem Titel "SED-Hilfe für West-Genossen" hat die Berliner Stasiakten-Behörde in ihrer Reihe "BF informiert" als Nr. 29  die  Darstellung der Tätigkeit  der Abteilung Verkehr des Zentralkomitees der SED von Wilhelm Mensing (in Zusammenarbeit mit Georg Herbstritt und Gudrun Weber, beide BStU) veröffentlicht  Die Abteilung Verkehr sicherte  - jahrzehntelang unter der Aufsicht des Politbüro-Mitglieds Hermann Matern -  unter konspirativen Bedingungen den materiellen Bestand der KPD, dann der illegalen KPD und später der DKP. Unter der Leitung von Jupp Steidl verwaltete die Abteilung über etliche Jahre die Westfirmen der SED. Der Band wird von der BStU gegen eine Schutzgebühr von 5 € abgegeben.

 

 

 

Info - NKWD und Gestapo

 

 

Diese Seiten sind in dem Wunsch eingerichtet worden, Hinweise und Informationen zu Ereignissen und Personen anzubieten und aufzunehmen, die sich oder deren Schicksale sich zwischen NKWD und Gestapo abgespielt haben. Daß dabei Opfer der einen wie der anderen (nicht selten beider) Institution(en) im Vordergrund stehen, ergibt sich aus den Zeitumständen.

 

 

Da sich der Gegenstand der Arbeiten des Verfassers im Laufe der Jahre  in Richtung auf Aspekte der Geschichte der SED und der KPdSU erweitert hat, erweiterte sich entsprechend auch sein vorgenannter Wunsch.Anregungen und Ergänzungen zum Inhalt wenden Sie sich bitte an die Stiftung Aufarbeitung in Berlin (link siehe oben) , den

Bei Anregungen und Ergänzungen zum Inhalt wenden Sie sich bitte an die Stiftung Aufarbeitung in Berlin (link siehe oben) , die die Daten übernommen hat und pflegt. Der ursprüngliche Autor dieser Seiten ist gelernter Jurist und hat jahrzehntelang in der öffentlichen Verwaltung gearbeitet. Seit den 1970er Jahren hat er sich, lange als freier Mitarbeiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, mit dem Kommunismus und kommunistischen Parteien vor allem in Deutschland und in der Sowjetunion auseinandergesetzt.

1983 erschien von ihm eine Darstellung der Kulturpolitik der DKP in der Bundesrepublik Deutschland ("Maulwürfe im Kulturbeet - DKP-Einfluß in Presse, Literatur und Kunst" in der Edition interfrom, Osnabrück). 1989 brachte die gleiche Edition die Untersuchungen "Nehmen oder Annehmen - Die verbotene KPD auf der Suche nach politischer Teilhabe" und "Wir wollen unsere Kommunisten wieder haben ... - Demokratische Starthilfen für die Gründung der DKP" heraus. Seit die Akten der ehemaligen DDR, zumal die ihres Ministeriums für Staatssicherheit, geöffnet sind, ist weit mehr über diese Gegenstände bekannt; dabei hat sich vieles bestätigt oder wurde auf arge Weise übertroffen, was zuvor sich nur andeutete. Umstände der DKP-Gründung haben sich aber auch zum Teil im Licht der DDR-Akten anders dargestellt.

Gegen Ende der 90er Jahre wandte sich der Autor vor allem den Leiden deutscher Kommunisten zu. Dem ihnen von ihrem hochgepriesenen Führer Josef Stalin zugefügten - den Verbrechen, die dieser an Kommunisten begangen hat, die in sein Reich gekommen (geflüchtet) waren. Dem Leid, das Kommunisten von der Gestapo des NS-Regimes mit Hilfe von Vertrauens-Leuten - zum erheblichen Teil (ehemaligen) Genossen - zugefügt worden ist.

Später war es ein Stück der Westpolitik des SED-Staates, mit dem sich der Autor befasste: der (konspirativen) Abteilung Verkehr des ZK der SED.

Der Autor greift, gestützt auf die Unabhängigkeit dessen, der früher einmal "Privatgelehrter" genannt wurde, vorzugsweise Themen auf, die nicht nur von Kommunisten sondern auch von vielen Historikern eher gemieden werden, sei es, weil sie "anstößig" sein könnten, sei es, weil Arbeits- und Zeitaufwand abschrecken.

Da die Inhalte der vorangehenden Seiten,  die Quellenangaben zu den Biographien der Repressionsopfer ebenso wie die Annotationen zu der "Liste =B= nach draussen" und zu der Opferliste von A. Vatlin sowie die Liste der Remigranten, im wesentlichen auf Forschungsergebnissen der Autoren beruhen, wird um Zitierung bei der etwaigen Verwendung gebeten.

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